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Ein bleibender Ort der Begegnung
Gemeinde nimmt Abschied vom Zinzendorfhaus

10.1.2022

Mit einem letzten Gottesdienst haben die Protestanten auf dem Siegener Lindenberg am Sonntag Abschied vom Zinzendorfhaus genommen. „Wir freuen uns aber, dass dieses Haus weiter Kindern, Jugendlichen und Familien auf dem Lindenberg zugutekommen wird“, sagte Pfarrer Armin Pulfrich im Endwidmungsgottesdienst. Die Evangelische Lukas-Kirchengemeinde Siegen, in der die Erlöser-Kirchengemeinde zum Jahresbeginn aufgegangen ist, vermietet das Gemeindehaus an die Stadt Siegen. Darin wird ein Stadtteilzentrum entstehen, das vielfältige Hilfs- und Beratungsangebote vor allem für Kinder und Jugendliche bereithalten soll.

Pulfrich blickte im Gottesdienst zurück auf die gut 60-jährige Geschichte des Zinzendorfhauses, das benannt ist nach dem Erfinder der Herrnhuter Losungen, Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf. 1960/61 gebaut und in Dienst genommen sei das Gebäude gerade in den 1980er und 90er Jahren Zentrum eines blühenden Gemeindelebens gewesen, sagte der Pastor. Es wurde zum Treffpunkt auch für die aus Osteuropa vertriebenen oder aus der DDR geflohenen Menschen, die in der Siedlung auf dem Lindenberg eine neue Heimat fanden.

 

Pfarrer Armin Pulfich trägt den Abendmahlskrug aus dem Zinzendorfhaus.

 

Pulfrich hat grob überschlagen: Zwischen 3000 und 4000 Gottesdienste haben im Zinzendorfhaus über die Jahre stattgefunden, zahlreiche Menschen wurden getauft, besuchten den Konfirmationsunterricht oder kirchliche Gruppen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. „Mit der Zeit sind aber immer weniger Menschen der Einladung zum Gottesdienst gefolgt“, sagte Pulfrich. Die Corona-Pandemie tat ihr Übriges. Zuletzt fand noch einmal im Monat ein Gottesdienst im Zinzendorfhaus statt, zudem war das Gebäude Probenort für den Chor und Treffpunkt für den Frauenkreis Lindenberg. Für diese Gruppen würden sich neue Orte finden, unterstrich Pulfrich. Und der Abschied ist nicht endgültig: Das Gebäude bleibt im Besitz der Kirchengemeinde und wird an die Stadt Siegen vermietet. Sicher werde die Gemeinde hier auch in Zukunft hin und wieder Angebote in Kooperation mit der Stadt machen, sagte der Pfarrer. Gottesdienste wird es im Zinzendorfhaus allerdings nicht mehr geben, am Sonntag wurde das Gebäude als Gottesdienststätte entwidmet.

 

Superintendent Peter-Thomas Stuberg predigte im Entwidmungsgottesdienst.

 

In seiner Predigt gab Superintendent Peter-Thomas Stuberg manchen Bedenken Ausdruck, die damit einhergehen: „Mit jedem Aufgeben stellt sich die bange Frage: Gibt sich die Kirche hier auf?“ Das Abschiednehmen von vertrauten Gebäuden beunruhige viele Menschen, auch ihn selbst, räumte der leitende Theologe des Evangelischen Kirchenkreises Siegen ein. Und doch sei die Entwidmung des Gemeindehauses nicht nur ein Schlusspunkt: „Auch wenn Kirchräume aufgegeben werden und wir Schlusspunkte setzen müssen, so hält Gottes Geist uns wach und lebendig und setzt einen Doppelpunkt“, sagte Stuberg. „Denn wir gehen nun in ganz andere Räume und treffen dort andere Schwestern und Brüder.“ So lade die Gemeinde künftig zum Beispiel zum Gottesdienst in die nah gelegene Nikolaikirche ein, die ebenfalls zur neu vereinigten Lukas-Kirchengemeinde gehört. Zudem falle das Zinzendorfhaus nicht der Abrissbirne zum Opfer, sondern bleibe als Stadtteilzentrum ein Ort, an dem sich Menschen begegnen, betonte Stuberg. „Vielleicht kann man hier dann einen Gottesdienst der ganz anderen Art erleben.“ Denn letztlich sei ein Gottesdienst ein Ort, an dem Menschen aufblühen und zum Leben inspiriert werden, sagte der Superintendent. Für solche Gottesdienste der anderen Art braucht es allerdings viele für Kirchgänger wohlvertraute Utensilien nicht. Und so trugen zum Abschluss der Entwidmung Pfarrer Pulfrich und Mitarbeiter der Gemeinde die Bibel, den Abendmahlskrug, eine Kerze und das Choralbuch mit einem Gebet aus dem Zinzendorfhaus.

V.l. Pfarrer Armin Pulfrich, Michael Dickel, Kirchenmusikerin Galina Renner, Karl-Jürgen Reuter und Superintendent Peter-Thomas Stuberg.

 

Bild oben: Das Zinzendorfhaus soll zum Stadtteilzentrum werden.

 

Text und Fotos: Jasmin Maxwell-Klein

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