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Der Blog der Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Siegen

Der den Pfad kennt

9.8.2023

von Pfarrer i.R. Hans-Martin Trinnes

 

"Wenn mein Geist in Ängsten ist, so kennst du doch meinen Pfad."

Psalm 142,4

 

Jeder Mensch, der eine Wanderung durch Wälder, über Berge und Täler macht, weiß, dass der Pfad immer nur bis zur nächsten Kuppe zu sehen ist. Was jenseits davon auf uns zukommt, bleibt eine Überraschung. Man kann heute, mit moderner Technik, durch Drohnen, den Horizont „überspringen” und weite Strecken eines Wanderpfades einsehen.

 

Wenn es aber um den „Lebenspfad” geht, bleibt die Zukunft verschlossen.

Gerade, wenn der Weg mühsam und beschwerlich wird, schreiten wir ängstlich voran. Es ist wie ein Wandern im Nebel.

Wie gut, dass man auf den vertrauen kann, der viel weiter blickt und weiß, wohin der Pfad führt.

 

Eine Erzählung meines Vaters fiel mir ein:

 

Im Spätherbst 1944 geriet er in russische (sowjetische) Gefangenschaft. Er kam in ein Lager im Donezbecken (wo heute Krieg herrscht) und musste im Bergwerk arbeiten.

 

„Hunger, Kälte und Verunsicherung waren unsere täglichen Begleiter. Wir haben beten gelernt”, erzählte er. Irgendwie hatte er erfahren, dass man außerhalb des Lagers vieleicht auf einem Bauernhof helfen könnte, um sich ein Zubrot zu verdienen. Er traf eine ältere Babuschka, der er bei der Gartenarbeit behilflich sein konnte. Sie gab ihm Ziegenmilch zu trinken. Das war ein unbeschreiblicher Genuss. Unter den schwierigen Bedingungen des gegenseitigen Verstehens erfuhr mein Vater, dass ihr Sohn auch Kriegsgefangener war.

 

Die gute Babuschka meinte: „Ich tue dir Gutes und hoffe, dass irgendwo auf dieser Welt ein Mensch sich meines Sohnes erbarmt.” „Die einfachen Menschen in Russland”, hatte mein Vater erkannt, „sind tief gläubige Christen”.

 

Wie ging es weiter mit diesem verworrenen Lebenspfad?

Bei einem Unglück in der Grube wurde mein Vater verschüttet. Er wurde mit gebrochenen Beinen geborgen. So kam es, dass er frühzeitig mit einem Krankentransport nach Hause geschickt wurde. Denn er war nicht mehr arbeitsfähig. Glück im Unglück ?!

 

Bei Beerdigungen wird oft das Lied gesungen: „Weiß ich den Weg auch nicht, du weißt ihn wohl”. Warum eigentlich nur oder erst bei Beerdigungen ?

 

Zu meiner Person:

 

Ich bin Hans-Martin Trinnes, Pfr. i.R.

Geboren wurde ich 1953 in Mediasch, in Siebenbürgen, Rumänien.

In Rumänien leben außer Rumänen noch Bewohner anderer Nationalitäten, wie z.B. Ungarn, Deutsche, Serben, Türken.. Ich gehöre zur nationalen Minderheit der Siebenbürger Sachsen.

In Hermannstadt (Sibiu) habe ich Evang. Thelogie studiert und anschließend in mehreren Gemeinden als Pfarrer der Ev. Kirche A.B. von Rumänien gedient. Zuletzt war ich Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Weidenbach bei Kronstadt (Brasov).

Im Dezember 1989 wurde der Diktator Ceausescu gestürzt. Viele Mitglieder der deutschsprachigen Minderheit wanderten aus. Mit meiner Gattin und unseren 3 Kindern kamen wir 1990 nach Deutschland 

Nach einem Aufnahmerverfahren bei der EKD wurde ich ab 1991 in den Dienst der Ev. Kirche von Westfalen gestellt. Von 1993 bis 2011 war ich Pfarrer der Ev. Ref. Kirchengemeinde Niederschelden. Durch mein Engagement für das Gustav-Adolf-Werk (GAW) habe ich viele ev. Gemeinden in Europa kennen gelernt und sie durch Spenden unterstützt. 

 

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